Projektreise mit dem AK Pater Beda – Pfarrgemeinde in Campo Formoso, 28./29.3.2015 – “Amigos para sempre”

Die Landschaft verändert sich. Es wird trockener auf der hügeligen Landstraße 400km ins Landesinnere nach Campo Formoso.

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Hier werden wir so herzlich mit einem Lied und Umarmungen von den Jugendlichen aus der Gemeinde begrüßt, die im September an der EBGS mit beeindruckenden Theaterszenen aus ihrem Leben zu Gast waren, dass ich gerührt bin.

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Pater Beda unterstützt und begleitet seit seinen Anfängen in den 60er Jahren diese Pfarrgemeinde hier in Campo Formoso mit ihren 160 Kapellengemeinden. Die Familienbande sind hier intakter als in den Städten, trotz der Armut, die es auch hier gibt. Keila, Anna-Paula, die bei einem lokalen Sender als Sprecherin, und Luciani, die ebenda in der Verwaltung arbeitet, Rudi, der eine Ausbildung zum Musiker gemacht hat, und allen voran Robson, der Schauspieler wird, engagieren sich in der Gemeindearbeit und werden zusammen mit anderen Jugendlichen zu Multiplikatoren für sozialpolitische Bildung und konkrete Entwicklungshilfe. Sie reden offen über das wahre Gesicht Brasiliens, die Gewalt und den sexuellen Missbrauch in mehr als 50% armer Familien. Dass ihr Konzept der Landfluchtvermeidung durch Entwicklung der Landwirtschaft in diesem halbtrockenen Gebiet aufgeht, davon können wir uns nach einer verwegenen Überlandfahrt mit Geländewagen überzeugen. In kleinen Verbänden von jeweils drei bis vier Familien werden hier auf jeweils ca. 5 ha Früchte und Gemüse wie z.B. Apfelbananen, Maracuja (Passionsfrucht), Goiaba (Mmmmh!), Papaya (Mamão), Minikokosnüsse, Bohnen, Peperoni, Süßkartoffeln und Mandiok-Knollen angebaut. Und auf die Frage: “Willst du denn später auch einmal hier wie deine Eltern leben und arbeiten?”, antwortet das Kind ohne Zögern:”Natürlich!”

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Eine Zisterne, die z.B. von den jährlich um die 10000 Euro betragenden Fördergeldern des AK Pater Beda finanziert wird. Eine Partnergemeinde aus Dorsten steuert jährlich ebenfalls um die 6000 Euro zur Unterstützung der Projektarbeit in Campo Formoso bei.

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Mandiokfeld

Am Palmsonntag nehmen wir morgens um 8.00 Uhr an Prozession und Gottesdienst teil. Direkt im Anschluss lernen wir eine Kinder- und Erwachsenenbildungsstätte kennen: Das Projekt Car & Iam. Hier ist jeder Buchstabe Programm: Casa, Art, Recycling & infantes, adultes, missionaria (Kinder- und Erwachsenenpastoral). Die beeindruckende, leider krebserkrankte Mama Carminha und ihre ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen bieten hier u.a. Kurse für Ballett, Musik und Nähen an. Der AK Pater Beda finanziert mit seinen monatlichen 700,- Real die Raummiete und einen Teil weiterer Kosten.
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Der anschließende Besuch bei Marluce, die – aus einfachsten Verhältnissen stammend – in der Gemeinde groß geworden ist- zeigt uns, wie Menschen sich entwickeln können, die auf ihrem Weg unterstützt werden. Heute ist sie Relgionslehrerin mit einer halben Stelle, d.h. 22 Unterrichtsstunden, an einer Privatschule und verdient 800 Real (Für den Vergleich mit Euro teilt man der Einfachheit halber durch 3). Die Wohnung, in die sie und ihr Mann uns zum Essen eingeladen haben, kostet 300 Real Miete. Bald werden sie Eltern, und das Kind wird seinen Vater kennen.

Neben Eisenerz und Edelsteinen ist das Gebiet um Campo Formoso weltweit für seinen flächendeckenden Sisalanbau bekannt. Die Ernte fällt wegen drei aufeinander folgenden Trockenzeiten nicht gut aus.
Am Nachmittag bekommen wir die einzigartige Gelegenheit einen Sisalbauern zu besuchen und seine Arbeit kennenzulernen:
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Sisalargaven – Die Pflanze braucht von einer bis zur anderen Ernte 8 Monate Wachstum.
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Schneiden der Argavenblätter
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Schutzkleidung
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Sisalschälen
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In diese Messer sollte man mit seiner Hand nicht rutschen!
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Sisaltrocknen
Aus einer wöchentlichen Ernte von 1200 kg werden 500 kg getrocknetes Sisal für die Herstellung z.B von Seilen und Tauen
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Sisalgebinde
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Diese Menge ist die Ernte von 5 Personen an einem Vormittag, etwa 100 g getrocknetes Sisal.
Der Bauer verkauft das Sisal für einen kg-Preis von etwa 2,80 Real. Der Endpreis für ein kg beträgt ca. 70 Real.
350 Real bleiben der Bauernfamilie in etwa monatlich. Damit kann man auskommen, hören wir, aber weil dieser Verdienst keine gute Ausbildung seiner Kinder möglich macht, ist der Bauer damit nicht zufrieden.

Autorin: Bettina Röttger

Weitere Fotos und Reiseeindrücke im Blog des AK Beda unter:
http://partnerbegegnungbrasilien.blogspot.de/